Die geheimnisvolle Berghütte
44 Kinder warteten ungeduldig am HB beim Treffpunkt. Alle
waren da, nur einer fehlte noch: der Hauptleiter Herr Trindler (wer denn sonst.)
Doch ehe sich die Kasse versah, kam der Lehrer schon angedüst und grüsste
seine Schützlinge. Endlich konnten die Schülerinnen und Schüler gemeinsam mit
dem Lehrer in den Zug Richtung Oberalpass einsteigen.
Die Fahrt ging ziemlich turbulent zu und her. Man hatte ab und zu einen Ball am
Kopf oder ein Gegröhle von Laurenz und Giulian im Ohr. Man kann von Glück
reden, dass der Lehrer für die Klasse einen Wagon reserviert hat, sonst wären
wir bestimmt rausgeworfen worden.
Und ach ja: Entschuldigung, wo bleiben denn meine Manieren. Ich habe mich ja
noch gar nicht vorgestellt, also hole ich das jetzt einfach nach. Ich heisse Lilly
und gehe in die Klasse 6b im Schulhaus Waidhalde. Dieses liegt in Zürich, genauer
gesagt in Zürich-Wipkingen mit fantastischem Blick auf den Zürichsee und die
Berge und dies sogar aus unserem Schulzimmer. Ich wollte euch diese
unglaubliche Geschichte von meiner Kasse und mir erzählen. Wir waren nämlich
im Skilager auf dem Oberalpass und haben dort ein unglaubwürdiges, aber
wahres Abenteuer erlebt. Doch bevor das eine Plauderstunde über mich und
meine Klasse wird, erzähle ich euch doch einfach die Geschichte weiter.
Wir stiegen nämlich am Bahnhof namens Oberalpass aus und stellten uns in
einer Reihe auf, damit unser Lehrer Herr Trindler uns zählen konnte. Als der Zug
schon wieder zur Abfahrt bereit war, merkte Yara T, dass ihre Tasche nicht mehr
da war. Da fuhr der Zug schon los. Hilfe schrie Yara T, und rannte wie vom Blitz
getroffen dem Zug hinterher. Doch dann blieb sie abrupt stehen und schaute ihre
Klasse erwartungsvoll an. Die Kinder verstanden und rannten nun mit den Armen
fuchtelnd dem Zug hinterher. Nur Yara S. nicht, sie sagte nur: «Was, wenn wir
sterben?» Doch niemand hörte sie. Deshalb setzte sie sich auf eine Bank neben
einer alleinstehenden Tasche hin, mit der Inschrift Yara T. Als Yara S. dies
bemerkte, gluckste sie und rief die anderen Kinder zu sich. Die Dame am Ticket-
Schalter meckerte laut vor sich hin: „Die Zürcher Stadtchinde händ hützututags
ja nume Fluse und Blötsin im Chopf. Richtig luege händs au scho verlärt. Truurig,
truurig. Ihrä ganzi Fokus gäbets nurno dem schiss Handy, wänn die wüstet, dass
mir da obä gar keis Funknetz händ". Doch weiter kam die Ticketverkäuferin nicht,
denn die Klasse kam zurück und Jara Z., Anisa und Sarah hatten gehört, was die
Frau gesagt hat. „Waaas - keis Netz!!!!", schrien die drei Mädchen. Sie starrten
Herr Trindler wütend an und marschierten beleidigt und mit dem Kopf schüttelnd
den Schlittelweg zur Berghütte hinauf. Herr Trindler grinste und folgte mit der
Klasse den drei Mädchen ohne Netz den Berg hinauf. Er hat uns erzählte, dass
unser Lagerhaus zwar etwas in die Jahre gekommen sei, doch am idealen Ort
und Aussicht auf die Skipiste nicht zu überbieten sei.
Als sie oben waren, sahen sie die Hütte schon von weitem. Sie stand unter einem
grossen Felsen und moderte vor sich hin. Als sie der Hütte näherkamen, wurde
es plötzlich wärmer und wärmer. Herr Trindler schritt voran und klopfte an der
Tür. „Wir sind’s, die Zürcher Klasse." Ohne dass jemand die Tür aufmachte, wurde
sie von innen von einer unsichtbaren Hand geöffnet. Neugierig aber trotzdem
unsicher trat die ganze Klasse in diese warme aber dunkle Hüttenstube. Plötzlich
wie von Zauberhand schloss sich die Haustür wieder. Und in der jetzt richtig
stockdunklen Hütte gingen plötzlich gleichzeitig Fackeln an. Die Schüler legten
ihre Sachen ab und setzten sich an die Tische. Als alle an den Tischen sassen,
hörten sie ein tiefes und dazu unheimliches Lachen aus der Küche. Einige fragten
sich, wo alle Snowboards und Skistöcke hin sind. Die Hütte war an den Wänden
voll mit Ski und Snowboardpostern. Gian Simmen und Didier Cuche sahen darauf
aber alles andere als glücklich aus. Dann ging die Küchentür mit einem lauten
Knarren auf und ein eher älterer Mann mit verspiegelter dunkler Brille und Mütze
stand in der Tür und sagte scheinfreundlich: „Herzlich willkommen liebe Zürcher
Seelen, ääähh Kinder".
Die Kinder machten grosse Augen und nahmen die Getränke, die der alte
Mann bei sich hatte, dankbar an. Der Mann verschwand wieder in die Küche
und machte mit einem leisen Knorzen die Tür wieder hinter sich zu. In der
Hütte wurde es plötzlich totenstill und die Fackeln an den Wänden erloschen.
Liv flüsterte mir zu: «Hast du die kleinen Hörner unter seiner Mütze gesehen"?
„Nein", sagte ich, „aber es stinkt hier nach Schwefel." Toma druckte aus sich
hervor: «Dieser unheimliche Mann hat komische Augen, sie sehen aus wie die
Augen von Geissen.»
Heimlich schlüpfte Gustav aus der Stube und wollte raus aus dem Haus, aber
die Tür war fest verschlossen. Und auch keines der Handys funktionierte, weil
hier oben ein grosses Funkloch war. Deshalb hat sich Gustav wieder unter die
anderen gemischt. Doch selbst der Lehrer Herr Trindler war blass im Gesicht,
denn er hatte bemerkt, dass der alte Mann keine Schuhe anhatte, sondern
Hufe, die seine Füsse prägten. Er stand auf und schlich sich zum Fenster im
Erdgeschoss. Dieses war offen und so konnte er aus dem Fenster im
Erdgeschoss schlüpfen, denn er wollte Hilfe holen.
Plötzlich ging den Kindern ein Licht auf. Ängstlich riefen sie: „Es ist als ob ...."
Und weiter kamen sie nicht, denn der alte Mann war plötzlich wieder Raum
und endete den angefangen Satz mit: ... dass der Teufel wäre". Im Raum
wurde es wärmer und wärmer, denn kaum war der Teufel im Raum loderte das
Feuer an den Fackeln wieder. Der Teufel flüsterte listig: «Ihr Kinderlein
kommet», und ein süsses Lächeln umspielte seine Lippen: Nun schrien alle
Kinder und selbst die Jungs, die sonst immer so cool taten, fingen an zu zittern.
Bei den Kindern sprach sich aber flüsternd gleichzeitig herum, dass ihr Lehrer
nicht da war.
Als die Luft in der Stube vor lauter Angst zu explodieren drohte, da klopfte es
an der Tür, Bum, bum, bum. Der Teufel schaute verdutzt, denn er erwartete
niemanden. So öffnete der Teufel die Tür und draussen stand ein Engel und
sagte: „Halleluja, fürchtet euch nicht". „Was willst Du?", stammelte der Teufel.
„Lass die Kinder frei, drohte der Engel ernsthaft mit seinem erhobenen Finger.
Den Kindern kam dieses Drohen bekannt vor und grinsten sich an. Das ist doch
der Herr Trindler, der da draussen verkleidet als Engel steht. Aber die Kinder
bewahrten Stillschweigen.
„Ich der grosse Teufel", sagte der Teufel, „verhandle immer um etwas". Also
Engel, was gibst du mir für die Seelen der Kinder? „Wenn ich diese Kinder
mitnehme, wirst Du Teufel ein ruhiges Leben in der Hölle haben. Wenn ich sie
aber dalasse, wird Dich das laute Zürigschwätz bis in die Hölle verfolgen". Der
Teufel zuckte nur unglaubwürdig mit seinen schwarzen Augenbrauen und
seine Augen funkelten zurück: „Das glaube ich Dir nicht", sagte er dem Engel.
Der verkleidete Engel kannte aber seine Schülerinnen und Schüler gut und wusste, wer dem
Teufel das Geschwätz verwahrhaftigen würde. Denn er schaute mich an und
ich wusste, was ich zu tun hatte. Ich machte einen Schritt auf den Teufel zu und
fing an in einem enormen Tempo und einer irren Lautstärke auf den Teufel
einzureden. Der Teufel hielt das genau zwei Minuten aus: „Um Teufelswillen",
schrie er, und presste sich panisch die Hände auf die Ohren und rannte
verzweifelt los und weg direkt in die fensterlose Küche. Als er in der Küche
Schutz fand, schlugen wir die Küchentür zu und eingesperrt war der Teufel.
Die Hüttentür liess sich wieder öffnen und die Schüler traten schnell und
heilfroh zur Tür hinaus in die Freiheit. Bevor sie den Weg nach unten ins Tal
nahmen verriegelten sie die Hüttentür fest, brachten ein grosses gutsichtbares
Warnschild an: «Wer diese Hütte betritt, wird für immer seine Seele
verlieren und muss mit dem Teufel verrotten.
Die Schüler liefen nach unten, dem Engel dankbar und freuten sich wieder auf
das schöne Zürich. Und noch heute, wenn Herr Trindler mahnend den Finger
in der Schulstube hebt, hört man ein lautes Fluchen aus den Alpen. Doch wie
ihr wisst, der Teufel wird mit allen Mitteln versuchen sich zu befreien und sich
an den Kindern zu rächen. Die Tür knarrt irgendwo in den Alpen und der Teufel
stand mit einem höhnischen Grinsen vor der Hüttentür.....